"Ich bin echt nicht stolz drauf" | Kurier
Sie setzten ihr Business in den Sand – am Donnerstag erzählten die Unternehmer davon.
Dass ich hier stehe, heißt nicht, dass ich stolz bin auf das, was passiert ist. Ich schäme mich dafür“, eröffnet Damien Izdebski, ehemaliger DiTech-Boss, seine Rede. Aufrichtige Worte eines gescheiterten Unternehmers – mit Misserfolg rühmt man sich schließlich ungern. Doch in diesem Rahmen ist das gewollt. Hier, bei den FuckUp Nights, wird die offene Fehlerkultur im Business zelebriert, hier fallen die Schutzpanzer der großen Bosse, hier wird unverblümt erzählt, was man sonst lieber für sich behält: wie Hochmut entstehen kann, wie Fehler übersehen werden und wie sich der tiefe Fall anfühlt.
In Wien fand so eine Nacht am Donnerstagabend zum dritten Mal statt. Rund 120 Menschen – die meisten unter 30 Jahren – kamen in die Mon Ami Bar, um aus den Fehlern der Großen zu lernen. Vergangenen November wurden die FuckUp Nights vom Start-up-Netzwerk „42 Angelitos“ nach Wien geholt. Das Format ist mittlerweile ein berühmtes unter Gründern. Die erste Nacht fand 2012 in Mexiko statt, mittlerweile beichten Manager in über 100 Städten der Welt ihre größten Fehler – in New York zuletzt vor mehr als 1000 Besuchern.
Es ist sexy geworden, über den Krater in der Karriere zu reden – und an der Zeit, dass Manager Transparenz und Menschlichkeit zeigen. In Wientaten das etwa schon Scheiter-Experte Gerhard Scheucher, die Gründer Stephan Grad oder Michael Vaclav. Obwohl die meisten, die übers Scheitern referieren, bereits Erfahrung darin haben, gehört Mut dazu.
Intimes von den Bossen
Hier, im Mon Ami, stehen sie nämlich nicht unnahbar auf einer großen Bühne. Hier herrscht Wohnzimmeratmosphäre. Zwischen alten Sofas, gedimmtem Licht und Bierbänken ist man per Du. „Mit Freunden eben über Fehler reden“, nennt es Co-Host Dejan Stojanovic. Diese traute Atmosphäre kann für die Speaker mitunter unangenehm sein: „Wie hat sich dein Scheitern auf deine Ehe ausgewirkt?“, fragt eine junge Frau aus dem Publikum Damian Izdebski. „Warum kann jemand, der 850.000 Euro Schulden macht, eigentlich je wieder gründen?“
Auch Karin Brauneis-Ryan verlor einmal viel Geld und Verantwortung mit ihrer Liegenschaftsvermarktung – hier war es die Wahl des Unternehmenspartners, die sie heute bereut. „Wenn man nichts hat, hat man kein Problem. Die Probleme kommen dann, wenn es Erfolg gibt und die Frage auftaucht: Wie teilt man diesen auf?“ Ihr größter Fehler: „Nicht auf mein Bauchgefühl gehört zu haben. Ich hatte da eine zu sachliche, fast schon männliche Einstellung.“ Heute hat sie diese Phase verarbeitet. Mit ihrer jetzigen Firma Brauneis & Partner bringt sie unter anderem Business Angels aus der DACH-Region mit innovativen Start-ups zusammen.
Jeder Niederlage sei anders, hört man hier. Als Gründer legt man seine Seele in seine Idee, das Ego ist fest mit dem Unternehmenserfolg verwachsen. Scheitert das Geschäft, hat man nicht nur viel Geld verloren, Jobs vernichtet und damit sogar Existenzen gefährdet. Dann zerschellt auch das Ego. Man ist am Boden, kann und will auch nicht mehr aufstehen. Dann passiert etwas: Man lernt daraus fürs Leben – und schafft es schließlich wieder hoch. Diese Erfahrung gehört geteilt.